‘One Battle After Another‘ – Rezension: Paul Thomas Andersons postmodernes Spektakel ist die amerikanische Satire, die wir gerade brauchen

Paul Thomas Anderson kehrt in die Gegenwart zurück

Unsere Realität muss so grauenhaft geworden sein, dass sie Paul Thomas Anderson endlich aus seiner 25-jährigen Epoche der Historien-Besessenheit gerissen hat. Zum ersten Mal seit Punch-Drunk Love widmet sich PTA dem Hier und Jetzt – und liefert mit One Battle After Another eine genreübergreifende, soziopolitische Action-Satire.

Eine Satire zwischen Trump-Ära und Reagan-Albtraum

Inspiriert von Thomas Pynchons Vineland, adaptiert Anderson den amerikanischen Albtraum der Reagan-Ära und überträgt ihn in unsere heutige, von Trump dominierte Gegenwart. Damit schafft er eine Brücke zwischen Vergangenheit und Gegenwart, die sowohl künstlerisch als auch politisch höchst relevant ist.

Ein kühnes filmisches Experiment

Mit One Battle After Another wagt sich Anderson mutig in neues Terrain des Filmemachens und Erzählens. Das Werk ist ein ehrgeiziges und kompromissloses Epos, das eine enorme Bandbreite an Themen unter seiner kommerzialisierten Linse behandelt – und dennoch zu seinen besten Arbeiten überhaupt zählt.

Paul Thomas Anderson kehrt in die Gegenwart zurück

FSK-Bewertung: R (wegen durchgehender vulgärer Sprache, Gewalt, sexueller Inhalte und Drogenkonsums)

Laufzeit: 2 Stunden und 42 Minuten

Sprache: Englisch

Produktionsfirmen: Domain Entertainment, Ghoulardi Film Company

Verleih: Warner Bros. Pictures

Regie: Paul Thomas Anderson

Drehbuch: Paul Thomas Anderson

Besetzung: Leonardo DiCaprio, Sean Penn, Benicio del Toro, Regina Hall, Teyana Taylor, Chase Infiniti, Alana Haim, Shayna McHayle, Paul Grimstad, Tony Goldwyn

US-Starttermin: 26. September 2025

Die epische Geschichte von One Battle After Another

Die über Jahrzehnte erzählte Handlung beginnt mit zwei Liebenden: Sprengstoffexperte Pat Calhoun alias ‘Ghetto Pat’ (Leonardo DiCaprio) und der temperamentvollen Perfidia Beverly Hills (Teyana Taylor). Gemeinsam mit ihren Mitstreiter:innen Deandra (Regina Hall), Mae West (Alana Haim), Laredo (Wood Harris), Junglepussy (Shayna McHayle) und Somerville (Paul Grimstad) gehören sie zur French 75, einer Gruppe radikaler kalifornischer Revolutionäre, die korrupte Institutionen ins Visier nimmt.

Perfidias folgenschwere Entscheidung

Perfidia gerät schließlich in eine Beziehung mit Steven J. Lockjaw (Sean Penn), einem eigennützigen Sergeant, der sie fetischisiert und die French 75 ignoriert. Als sie und Pat ein Kind bekommen, wechselt Pat in den „Vatermodus“. Perfidia hingegen leidet unter einer schweren Wochenbettdepression und entscheidet sich für den revolutionären Kampf – und gegen die Mutterschaft. Sie verlässt Familie und Gruppe, und ein fehlgeschlagener Einsatz endet in einer Tragödie.

Ein neuer Anfang in Baktan Cross

Nach diesen dramatischen Ereignissen zieht Pat, nun unter dem Namen Bob Ferguson, gemeinsam mit dem Baby Charlene – jetzt Willa – nach Baktan Cross in Kalifornien, um neu zu beginnen.

Sechzehn Jahre später

Bob ist mittlerweile ein paranoider Einsiedler geworden, während die jugendliche Willa (Chase Infiniti) in die Rolle der Elternfigur für ihn schlüpfen muss. Zeitgleich erhält Lockjaw ein enormes Karrierangebot. Doch als Bob und Willa seine Pläne durchkreuzen, führt er einen missglückten Angriff auf Baktan, um sie aufzuspüren.

Vater und Tochter auf der Suche nach sich selbst

Getrennt voneinander sind Bob und Willa gezwungen, über sich hinauszuwachsen. Um wieder zusammenzufinden, müssen sie ihre eigenen Identitäten annehmen – und einander den Weg nach Hause weisen.

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Paul Thomas Andersons erster Ausflug ins Action-Genre ist eine außergewöhnliche Demonstration

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One Battle After Another: Paul Thomas Andersons mutiger Sprung ins Action-Genre

Mit One Battle After Another wagt Paul Thomas Anderson gleich mehrere Premieren: Es ist seine erste Geschichte, die in den 2020er-Jahren spielt, sein erster Film mit einem dreistelligen Millionenbudget und sein Debüt im Bereich des spektakulären Actionkinos. Er meistert dieses neue Terrain jedoch mit der Routine eines erfahrenen Profis.

Zwischen Arthouse und Blockbuster

Obwohl sich PTA hier am weitesten von seinem typischen Arthouse-Stil entfernt, durchzieht seine scharfzüngige und zugleich nachdenkliche Schreibe den Film mit jener Menschlichkeit, die vielen modernen Mainstream-Produktionen fehlt. One Battle After Another vereint klassischen Studio-Action-Glanz mit eindrucksvollen praktischen Stunts und On-Location-Drehs – ein Blockbuster-Gefühl, das heute leider selten geworden ist.

Visuelle Kraft und filmische Präzision

Kameramann Michael Bauman liefert mit intensiven Kompositionen und meisterhafter Szenenführung – besonders in VistaVision oder 70mm – ein fesselndes Bild. Unterstützt von Editor Andy Jurgensen, dessen präziser Schnitt atemberaubende Verfolgungsjagden zusammenfügt, rast der Film mühelos durch seine 2 Stunden und 42 Minuten Laufzeit.

Zeitgenössische Themen im Vater-Tochter-Drama

Die moderne Handlung erlaubt es Anderson, zahlreiche gesellschaftspolitische Motive in die epische Vater-Tochter-Geschichte einzubinden. Die über Jahrzehnte angelegte Story – die sich sogar bis ins Jahr 2025 erstreckt – zeigt den Stress, Amerikaner in einer zunehmend autoritären Gesellschaft zu sein. PTA beleuchtet:

Humor und Hoffnung statt Zynismus

Mit pointiertem Vaudeville-Humor und radikaler Dringlichkeit führt Anderson seine Dialoge in einem fließend natürlichen Rhythmus. Trotz der düsteren Realität vermeidet der Film den zynischen Unterton vieler Neo-Western (hust Eddington hust). Stattdessen vermittelt das radikale Ensemble eine Hoffnung, die das heutige Kinopublikum dringend braucht.

Emotionen im Zentrum

Wie gewohnt beherrscht Anderson ein meisterhaftes tonales Ballett aus hochriskanter Action und surrealistischer Komik – oft sogar innerhalb derselben Szene. Doch im Kern lebt der Film von den tief verwurzelten Emotionen seiner vielschichtigen Figuren. One Battle After Another navigiert durch die Extreme der Liebe und deren unumkehrbare Konsequenzen.

One Battle After Another verarbeitet PTA-Charaktertypen auf geniale Weise neu, um eine kraftvolle amerikanische Gesellschaftskritik zu entfalten.

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Ein funkelnder erster Akt voller Leidenschaft und Konflikte

Im spektakulären ersten Akt – der wirkt, als wäre die Boogie Nights-Clique zu Radikalen geworden, jedoch ebenso schamlos triebgesteuert – entfaltet sich ein Liebesdreieck zwischen Perfidia, Bob und Lockjaw.

Zwei gegensätzliche Beziehungen

Die Verbindung zwischen Perfidia und Bob ist zutiefst humanistisch und seelenvoll, während die Beziehung zwischen Perfidia und Lockjaw von Macht und Kontrolle geprägt ist. Durch dieses Liebesdreieck wagt Paul Thomas Anderson (oder sollte man sagen: Mr. Maya Rudolph?) einen kühnen Schritt: Er stellt die gegenteiligen Enden interkultureller Beziehungen dar, die in anderen Filmen oft ausgespart bleiben. Eine Beziehung ist tiefgründig und ehrlich, die andere hingegen basiert auf Fetischisierung.

Teyana Taylors fesselnde Performance

Mit jeder Szene verleiht Teyana Taylor Perfidia Lebendigkeit. Ihre Darstellung macht die Figur menschlich, verletzlich und zeigt zugleich den inneren, feurigen Kampf, der sie antreibt.

Lockjaw als Symbol für Macht und Begierde

Die rassistische Fetischisierung entspringt – wenig überraschend – Lockjaw, der vielleicht die faszinierendste Figur des Films ist.

Eine Mischung aus Wahnsinn und Manipulation

Lockjaw erinnert an eine düstere Kombination: den wilden, triebhaften Freddie Quell und den manipulativen Lancaster Dodd aus The Master. Er ist wie ein amerikanisches, militantes Gegenstück zu Frollo aus Der Glöckner von Notre Dame – ein monströses Sinnbild für Macht, Täuschung, Heuchelei und lüsterne rassistische Fetischisierung, die seine Autorität noch verstärkt.

PTA schaltet in den Vatermodus und beschwört Hoffnung in unserer verzweifeltsten Zeit

One Battle After Another: PTA verarbeitet persönliche Vaterschaftserfahrungen

Nach dem Zeitsprung personalisiert Paul Thomas Anderson seine Geschichte und reflektiert sein Leben als alternder ‘Girl-Dad’, der versucht, sich an neue generationsbedingte Werte im modernen Amerika anzupassen.

Bob als gescheiterter Vater

Nun ein ‘Dad-Failure’, lässt Bob seine obsessive Liebe zur abwesenden Perfidia auf Tochter Willa abfärben, indem er ihr Lügen über ihre Herkunft erzählt. Vom radikalen Kampf entfremdet, ist er in einen Zentrismus verfallen und betrachtet seinen Aktivismus wie eine vergangene Phase. Doch seine Traumata und Paranoia treiben Willa an ihre Grenzen.

Der Ausbruch der Spannung

Diese Vater-Tochter-Dynamik eskaliert in ein spannendes wie urkomisches Chaos, als die beiden getrennt werden und Lockjaw wieder in ihr Leben tritt.


DiCaprio als komödiantisches Highlight

Einmal mehr beweist Leonardo DiCaprio, dass er einer der besten komödiantischen Schauspieler seiner Generation ist. Seine physische Performance, geprägt von Losertum, Demut und nervöser Energie, verleiht Bob Tiefe.

Ein Duo mit Benicio del Toro

Große Teile seiner Reise verbringt Bob an der Seite von Sergio St. Carlos (Benicio del Toro), einem charismatischen Karate-Lehrer, der nachts als selbstloser „latinoamerikanischer Harriet Tubman“ agiert. Zusammen bilden DiCaprio und del Toro ein unglaubliches Duo, das Action, Humor und Gesellschaftskritik perfekt verbindet.

Ein zweiter Akt voller Energie

Die thematische Dringlichkeit des Films – von Migration über militärische Besetzung bis hin zum Widerstand gegen Tyrannei – ist eng mit Bobs paranoider Suche verknüpft. Der zweite Akt entwickelt sich zu einem chaotischen Ballett aus Comedy und soziopolitischem Kommentar, untermalt von Jonny Greenwoods jazzigem, dissonantem Score, der die unruhige Atmosphäre meisterhaft einfängt.


Chase Infiniti als große Überraschung

Die wahre Offenbarung des Films ist jedoch Chase Infiniti.

Willa als Spiegel ihrer Herkunft

In der Rolle von Willa verkörpert sie eines der zentralen Themen: den Umgang mit dem radikalen Erbe ihrer Mutter in deren Abwesenheit. Trotz aller Härten zeigt sie Unabhängigkeit, Selbstsicherheit und Widerstandskraft.

Szenen, die im Gedächtnis bleiben

Besonders hervorzuheben ist ein urkomisches Duell mit Lockjaw, in dem Willa ihn in ein psychologisches „Chicken Game“ zwingt – bis er zerbricht. Ob an DiCaprios oder Sean Penns Seite: Infiniti behauptet sich souverän und überzeugt mit einer beeindruckenden Leinwandpräsenz.

Ein beeindruckendes Debüt

Mit ihrer physischen Präsenz und kompromisslosen Stärke liefert Chase Infiniti ein bemerkenswertes Debüt ab – und möglicherweise den Beginn einer großen Star-Karriere.

SCHLUSSERKLÄRUNG

Nach zwei Sichtungen besteht kein Zweifel: One Battle After Another ist der Film des Jahres. Angesichts des Autoritarismus, der Grausamkeit und des Terrors, die unsere düstere Trump-2.0-Ära prägen, ist dies genau der hoffnungsvolle Film, den Amerika dringend braucht – ein Muss für alle, die in diesem Land leben. Es ist ein mutiger neuer amerikanischer Klassiker, der eine kraftvolle und persönliche Analyse unseres gegenwärtigen Moments liefert. Der Film bietet erzählerische Tiefe, ohne dass das Setting die Dringlichkeit der Handlung überlagert, und entwirft auf humanistische Weise eine Vision für eine bessere Zukunft. PTA vollbringt die beste Regieleistung des Jahres, und sein Optimismus verleiht One Battle After Another eine seltene Kombination aus Innovation und nachhaltiger Wirkung.

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