‘Oh, Hi!’ von Sophie Brooks: Der Start einer neuen Dating-Revolution?
Sophie Brooks’ ‘Oh, Hi!’ wird sicherlich viele Brooklyn-Girls ermutigen, die in komplizierten ‘Situationships’ mit untätigen Bushwick-Softboys festhängen.
Und ich persönlich kann es kaum erwarten, diese Revolution mitzuerleben.
FSK-Freigabe: Ab 16 Jahren (wegen sexueller Inhalte/teilweiser Nacktheit und Sprache)
Laufzeit: 1 Stunde und 34 Minuten
Produktionsfirmen: Cliffbrook Films, Watermark Media, QWGmire
Verleih: Sony Pictures Classics
Regie: Sophie Brooks
Drehbuch: Sophie Brooks
Besetzung: Molly Gordon, Logan Lerman, Geraldine Viswanathan, John Reynolds
Kinostart: 25. Juli 2025
Die Mittzwanziger Iris (Molly Gordon) und Isaac (Logan Lerman) machen einen romantischen Kurzurlaub in eine abgelegene Hütte in High Falls, New York. Sie genießen typische Paaraktivitäten: gemeinsam kochen, im nahegelegenen See knutschen und vor der Hütte tanzen.
Als sie im Schlafzimmer einige Sexspielzeuge entdecken, wollen sie ihr Liebesleben etwas aufregender gestalten. Zunächst wird Iris angekettet, doch sie fühlt sich dabei unwohl. Daraufhin übernimmt Isaac die Rolle des Gefesselten. Nach einem heißen, experimentellen Liebesspiel freut sich Iris darüber, ihre Beziehung auf besondere Weise feiern zu können.
Doch Isaac widerspricht – für ihn ist es keine feste Beziehung, sondern nur eine lockere Affäre. Iris reagiert verletzt und beschließt, ihn weiterhin gefesselt zu lassen. Sie ist überzeugt, dass sein Verhalten und ihr gemeinsamer Urlaub ein Beweis für ihre Beziehung sind.
Am nächsten Tag verwandelt sich Iris in eine Mischung aus Kathy Bates’ Wahnsinn und romantischer Verzweiflung. Für zwölf Stunden versucht sie, Isaac – immer noch gefesselt – von ihrer Liebe zu überzeugen.
Als alles andere scheitert, zieht Iris schließlich ihre beste Freundin Max (Geraldine Viswanathan) und deren Freund Kenny (John Reynolds) in das eskalierende Beziehungsdrama hinein.
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Sophie Brooks liefert schon im ersten Akt die beste Romcom seit Jahren
Drehbuchautorin und Regisseurin Sophie Brooks schafft mit dem ersten Akt von ‘Oh, Hi!’ ein herausragendes Fundament, das die Beziehung zwischen Isaac und Iris von Beginn an glaubwürdig macht. Schon auf dem Weg zur Hütte singen die beiden ‘Real Love’ von Dolly Parton und Kenny Rogers in Iris’ Auto, scherzen und lachen unbeschwert.
Die exzentrische Art von Iris und Isaacs Charme ergänzen sich perfekt. Molly Gordon (die die Geschichte mit Brooks entwickelte) und Logan Lerman haben eine bemerkenswerte romantische Chemie, die ihresgleichen in der Romcom-Welt sucht. Sie sind nicht einfach zwei gutaussehende Schauspieler, die sich auf ihr Äußeres verlassen, sondern überzeugen mit Charisma und makellosem komödiantischen Timing – selbst, wenn die Stimmung kippt.
Isaac und Iris werden als leidenschaftliches Paar mit echter romantischer Tiefe gezeigt. Irgendwann fragt man sich als Zuschauer fast: ‘Okay, sucht ihr gerade nach einem Dritten?’ Selbst in der Sexszene, die wohl einige Zuschauer vor lauter Aufregung ohnmächtig werden lässt – Lerman oben ohne, angekettet ans Bett, geritten von Gordon – wirken beide natürlich, humorvoll und echt.
Der erste Akt ist nicht nur brillant inszeniert, sondern auch perfekt getaktet und voll von lauten Lachern. Dazu tragen Begegnungen mit Nebenfiguren wie einer Erdbeerstand-Verkäuferin oder dem unheimlichen Nachbarn Steve (David Cross) bei.
‘Oh, Hi!’ kritisiert mit seinem ‘Misery’-Twist clever die Tücken des modernen Datings
Brooks muss selbst Zeit in Brooklyn mit bindungsunwilligen Männern verbracht haben, denn sie zeichnet Isaac als eine Mischung aus jedem „Soft Boy“ der Stadt. Du kennst den Typ: Er umwirbt dich liebevoll, genießt romantische Intimität und Sex – aber wenn es darum geht, der Beziehung einen Namen zu geben, verschwindet er wie eine Rauchbombe und lässt dich mit Gaslighting zurück.
Dieser Charakter lebt vor allem von Logan Lermans Darstellung, der zeitweise angekettet und sogar mit Knebel gezeigt wird – was wohl die lustigste (und je nach Geschmack heißeste) Szene überhaupt ist. Ohne Lermans nuanciertes Spiel wäre diese Rolle nicht umsetzbar. Er vermittelt Isaacs inneren Zwiespalt zwischen Charme und Angst perfekt. Selbst wenn er seine Bindungsverweigerung offenbart, schafft er es, dass man sich als Zuschauer mitschuldig fühlt.
Sobald Brooks die dunklere Seite der Geschichte offenlegt und Isaac gefesselt ist, entfaltet sich eine scharfe Kritik an den Problemen des modernen Datings für Millennials und Gen Z.
Iris’ verzweifelte Versuche, Isaac als Freund zu behalten, führen zu intensiven Diskussionen, die immer neue beunruhigende Details über ihre Beziehung ans Licht bringen. Dabei steht das Publikum schnell auf Iris’ Seite – und ehrlich gesagt: Iris hat nichts falsch gemacht. Dating in New York City ist einfach grausam.
Dieser Film wird viele Frauen, die gerade mit einem Soft Boy zusammen sind, inspirieren – wie ein filmischer „How-to-Keep-Your-Lover-Boy“-Guide. Brooks verwebt frechen Humor mit bitterer Wahrheit, und Molly Gordon nutzt diese Vorlage perfekt, um ihr komödiantisches Talent zu zeigen.
Man glaubt es kaum, aber ‘Oh, Hi!’ ist das erste Mal, dass Molly Gordon eine Produktion in der Hauptrolle trägt. Manche könnten ‘Theater Camp’ nennen, aber das war größtenteils ein Ensemble-Stück, ähnlich wie ‘Abbott Elementary’.
Gordon erweitert ihr komödiantisches Repertoire, indem sie eine dunklere Seite zeigt und Wahnsinn mit Intensität und Menschlichkeit darstellt. Schon früh deutet sie Iris’ tief unterdrückte gewalttätige Natur mit einer fast ninjaartigen Präzision in ihren Dialogen an. Wenn Iris dann komplett die Kontrolle übernimmt, um sicherzustellen, dass Isaac sie nicht verlässt, spürt man jede Panik und jeden Schmerz, der mit der Rückkehr in die ‘Hunger Games’-Arena des modernen Datings verbunden ist.
Gordon trägt den Film mit absoluter Selbstsicherheit und Kontrolle und schafft es, verstörendes Verhalten und Humor gleichzeitig überzeugend darzustellen. Eine Szene bleibt besonders im Gedächtnis: ein Close-up von unten, in dem sie auf den French Toast starrt, den sie hektisch für Isaac zubereitet, und sich fragt, ob er ihm schmeckt.
Sie zeigt ihre Vielseitigkeit, indem sie tanzt, singt und zwischen Pfau- und Sirenen-Energie schwankt – alles mit dem Ziel, ihren Partner an sich zu binden. Es ist kaum zu fassen, dass Gordon bisher keinen Film angeführt hat.
‘Oh, Hi!’ ist möglicherweise ihre komödiantisch stärkste Leistung bisher, selbst im Vergleich zu ‘Theater Camp’. Sie sollte unbedingt mehr Hauptrollen übernehmen – denn sie ist schlichtweg urkomisch.
Ein generelles Problem, das ich bei vielen Sundance-Filmen hatte, ist das Erzähltempo. Manche Filme fühlen sich wie zu lange gestreckte Kurzfilme an oder hätten gut 15 Minuten weniger Laufzeit vertragen.
Sobald Kenny und Max ins Bild kommen, wirkt die Handlung von ‘Oh, Hi!’ zunehmend konstruiert. Die komödiantischen Momente zwischen den beiden erreichen nicht mehr das Niveau der früheren Highlights.
Geraldine Viswanathan und John Reynolds sind hervorragende komödiantische Ergänzungen, besonders Reynolds’ entspannter Freund sorgt für viele Lacher.
Allerdings wird die Story – die unter anderem Hexerei beinhaltet – nicht so absurd und überdreht, wie sie es hätte sein sollen.
SCHLUSSERKLÄRUNG
Sophie Brooks’ ‘Oh, Hi!’ (oder auch ‘Molly Gordons Misery à la ‚Misery‘ von Maroon 5’) ist ein scharfer, sexy und finsterer Kommentar zu den allgegenwärtigen Problemen von Bindungsangst und Kommunikationsproblemen im modernen Dating der Millennials.
Zugegeben, der Film dauert etwas länger als nötig, doch die Fahrt macht Spaß und bietet Molly Gordon eine ihrer besten Karrierleistungen.
Jetzt werden wohl alle Frauen lernen, wie man den Partner in einer Hütte im Wald fesselt – und ihn dort lässt. Ganz zu Recht.