Jedes Mal, wenn Kathryn Bigelow einen neuen Film veröffentlicht, rutscht sie für viele Zuschauer noch ein Stück weiter in die Kategorie ‘interessant, aber nicht meins’.
Zu viele prozedurale Politthriller verlieren irgendwann ihren Reiz – und ja, Detroit ist da keine Ausnahme.
Damals, mit 19, habe ich dem Film vielleicht fünf Sterne gegeben – einfach, weil mich jedes Drama über schwarze Traumata emotional mitgenommen hat. Heute sehe ich das anders.
Mit ‘A House of Dynamite’, ihrem ersten fiktionalen Spielfilm seit Detroit, kehrt Bigelow zu dem zurück, was sie am besten kann: realistische, spannungsgeladene amerikanische Politthriller.
Der Film beleuchtet die hypothetischen bürokratischen Folgen, wenn die erste Rakete nach dem Kalten Krieg auf amerikanischem Boden einschlagen würde.
Was zunächst wie ein technisch brillantes Spektakel wirkt, verflüchtigt sich jedoch schnell ins Nichts.
Die Spannung, die zu Beginn aufgebaut wird, verpufft – ‘A House of Dynamite’ explodiert sprichwörtlich im Vakuum. Trotz solider Regie und klarer thematischer Struktur fehlt dem Film am Ende die emotionale Wucht, die Bigelows beste Werke einst auszeichnete.
MPA-Bewertung: R (wegen Sprache)
Laufzeit: 1 Stunde und 52 Minuten
Sprache: Englisch
Produktionsfirmen: First Light Pictures, Prologue Entertainment, Kingsgate Films
Vertrieb: Netflix
Regie: Kathryn Bigelow
Drehbuch: Noah Oppenheim
Besetzung: Idris Elba, Rebecca Ferguson, Gabriel Basso, Jared Harris, Tracy Letts, Anthony Ramos, Moses Ingram, Jonah Hauer-King, Greta Lee, Jason Clarke
US-Starttermin: 10. Oktober 2025
Netflix-Start: 24. Oktober 2025
In einem fiktiven, zeitgenössischen Amerika wird eine unbekannte Rakete abgefeuert und auf Chicago gerichtet.
Die Geschichte wird in drei Kapiteln erzählt – aus der Perspektive verschiedener Regierungsabteilungen –, während die US-Regierung alles in ihrer Macht Stehende unternimmt, um zu reagieren und zurückzuschlagen.
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‘A House of Dynamite’ fesselt mit einer auf Raketen zentrierten Erzählstruktur.
A House of Dynamite ist eine stilistische Fusion aus Detroit und Zero Dark Thirty und konzentriert sich auf die Reaktion der verschiedenen staatlichen Behörden auf eine Rakete, während gleichzeitig mehrere Perspektiven in Echtzeit gezeigt werden. Der Film beginnt an zwei Schauplätzen: einer Militärbasis, wo ein typisch aggressiver, militärischer Kommandant (Anthony Ramos) sein Team antreibt, und der NORAD-Raketenabwehrstation in Washington D.C., wo Captain Olivia Walker (Rebecca Ferguson) ihren normalen Arbeitstag beginnt. Das ist nur das erste Kapitel.
Im zweiten Kapitel, das weitere Abteilungen einbezieht, bleibt die Spannung natürlich und wird nie durch zu viele Figuren überladen. Jedes Kapitel untersucht die Bedeutung des Angriffs aus einer anderen Perspektive und setzt die Uhr zurück auf den ‘Tagesbeginn’.
Neu ist Bigelows Regiestil hier nicht – solche politischen Thriller sind für sie Routine –, doch dies ist ihre beste Version davon. Anstatt mit ihrem langjährigen Cutter William Goldenberg zu arbeiten, entschied sie sich für David Finchers Stamm-Editor Kirk Baxter. Baxter, bekannt durch Filme wie The Social Network und Gone Girl, beweist auch hier sein außergewöhnliches Talent.
Seine präzise Montage formt einen angespannten, aber fließenden 112-minütigen Thriller, ein wahres Meisterwerk des Schnitts, das eine Oscar-Nominierung verdient hätte. Gleichzeitig sorgt er dafür, dass Bigelows unverwechselbarer Stil überraschend leicht und fließend wirkt.
Eine Vielzahl schwacher Charaktere findet sich in ‘A House of Dynamite’ wieder.
Ähnlich wie in Detroit ist A House of Dynamite ein Ensemblefilm, in dem das Publikum hauptsächlich eine Vielzahl von Charakterdarstellern dabei beobachtet, wie sie ein hypothetisches Szenario mit einem humanistischen Unterton ausspielen. Viele dieser Schauspieler verkörpern ihre Karikaturen überzeugend, trotz des dichten professionellen Jargons, der zur immersiven, realitätsnahen Atmosphäre und zum Gefühl der Beklemmung beiträgt.
Doch Noah Oppenheims schulfilmartiges Drehbuch wird den Figuren nicht gerecht. Oppenheim konzentriert sich so sehr darauf, den bürokratischen Ton und das koordinierte Chaos der Situation glaubwürdig zu treffen, dass er im entscheidenden Moment, wenn echte Menschlichkeit gezeigt werden müsste, selbst ‘die Bombe platzen lässt’. Das nimmt dem Film jede echte Spannung und ersetzt sie durch künstliche Dramatik, die eher an einen Lifetime-Fernsehfilm erinnert.
Im dritten Kapitel richtet sich der Fokus auf Idris Elba als einen weitgehend inkompetenten US-Präsidenten und Jared Harris als Verteidigungsminister. Da nichts gegen die Rakete unternommen werden kann, reagieren beide schockiert, rufen ihre Familien an – und plötzlich tauchen zufällige Nebenfiguren für kurze Momente auf, wie Kaitlyn Dever als entfremdete Tochter des Verteidigungsministers oder Renée Elise Goldsberry als First Lady, die sich aus unerfindlichen Gründen auf einer Safari befindet.
Alle Figuren sind oberflächlich gezeichnet – mit einer Ausnahme: Gabriel Basso als stellvertretender nationaler Sicherheitsberater Jake Baerington. Er ist die einzige Figur, die sich wirklich menschlich anfühlt: ein junger Mann, der zu spät zur Arbeit kommt und ein Zoom-Meeting unterwegs führen muss, während seine älteren Kollegen diszipliniert an ihren Schreibtischen sitzen. Diese Szene ist urkomisch und gleichzeitig eine der stressigsten des ganzen Films – und vielleicht der realistischste Moment in A House of Dynamite.
Auch wenn ich A House of Dynamite für seine technischen Qualitäten schätze, gehört er zu den jüngsten politischen Thrillern, denen es völlig an echtem Herz mangelt. Der Film entwirft ein hypothetisches postmodernes amerikanisches Albtraumszenario, das jedoch stark von unserem realen amerikanischen Albtraum abhängig ist. Selbst die dramatische Musik von Volker Bertelmann – die sich wie eine Kopie seiner Arbeit an Conclave anhört – wirkt unehrlich und aufgesetzt.
Wenn es eine Messlatte für postmoderne amerikanische Apokalypse-Geschichten gäbe, würde A House of Dynamite direkt neben Alex Garlands Civil War Platz nehmen – einem weiteren Film, der es nie schafft, sein eigenes Amerika zu formen. Er ist nicht konsequent in seiner eigenen Realität, weil er zu viele reale historische Beispiele übernimmt.
So wie Civil War mich mit einer einzigen Anspielung auf Antifa aus der Immersion riss, schafft A House of Dynamite dasselbe, indem er auf Russlands Besetzung der Ukraine verweist.
Der Film trägt sich mit einer selbstgefälligen, eindimensionalen, liberalen weißen Perspektive, die die Inkompetenz der US-Regierung kritisieren will – während er gleichzeitig einen fiktionalen, schwach gezeichneten schwarzen Präsidenten präsentiert.
Alles, was dieser Mann tun will, ist ein paar Körbe mit Angel Reese zu werfen – ja, Angel Reese ist tatsächlich in diesem Film!
Und genau das zeigt, woran A House of Dynamite scheitert: Er will viel sagen, sagt aber letztlich nichts Neues.
SCHLUSSERKLÄRUNG
‘A House of Dynamite’ ist ein weiteres Beispiel für Kathryn Bigelows Tendenz, auf der Stelle zu treten, indem sie Filme mit derselben altbekannten, frustrierten Atmosphäre produziert.
Obwohl der Film ein technisches Meisterwerk ist, steht diese Brillanz im Dienst eines kitschigen ‘Was-wäre-wenn’-Szenarios, das eigentlich Spannung erzeugen soll – sich am Ende jedoch selbst in sich zusammenfaltet.